"Verzicht macht stark"

 

 

 

 

 

 

am 16.03.2012

 

 

 

in Kolbermoor (Heilige Dreifaltigkeit)

 

 

 

Wir haben uns an diesem Vormittag mit Themenbereichen rund um die Fastenzeit beschäftigt. So kam auch das Evangelium von Jesus und dem Zöllner Zachäus in Bild, Ton und Wort auf uns zu. Abgeschlossen haben wir den Einkehr-Vormittag mit einem Rollenspiel als königlich getaufte Männer. Nach einem gemeinsamen Mittagessen mit einigen Teilnehmern ging schließlich wieder jeder Mann seines - hoffentlich bestärkten - Weges... Die folgenden Impulse waren Teil einer Seminar-Einheit:

 

 

 

Was Männer (und Christen) gücklich macht

 

 

 

Dieser Text wurde für die Nedelja, die slowenische Kirchenzeitung in Klagenfurt/Kärnten, mit Blick auf den Männervormittag in Kolbermoor und die  Männertage in Tainach vom 23. - 24.03.12 verfasst und in die slowenische Sprache übersetzt:

 

 

 

„Glücklich ist, wer will, was er hat“, formulierte es der deutsche Mystiker Meister Eckhart (+ 1305) treffend. Das könnte für uns Männer ein Wegweiser durch die Fastenzeit sein. Tatsächlich kann das Ziel im Lebens eines Mannes lauten: „Ich bin zufrieden mit mir und mit dem, wie es ist.“ Es ist nicht die Realität an sich, die auf mich wirkt, sondern die Art und Weise, wie ich die erfahrene Begebenheit ganz persönlich und willentlich interpretiere. Auf diese Weise gestalte ich aktiv mein Leben und verhindere ein passives Dahintreiben an der Oberfläche. Und so ist es möglich, dass manchen Männern offensichtliche so genannte Misserfolge und Niederschläge zu Türen in ein weiteres und bewussteres Leben werden. Wie aber werden wir Männer glücklich, zufrieden, wesentlich?

 

 

 

Ich möchte an dieser Stelle zehn Punkte sozusagen durch die Fastenzeit aufzählen, die uns Männer ahnen lassen, was uns glücklich machen kann:

 

  1. Pflege die Dankbarkeit! Es ist nicht selbstverständlich, dass wir sind, dass wir leben, atmen, dass wir sehen, hören, schmecken, riechen, dass wir da sein dürfen. Gerade Männer definieren sich gerne über das, was sie haben und leisten. Das ist jedoch eine eingeschränkte Sichtweise. Was haben wir, das wir nicht empfangen hätten? Leben ist ein Geschenk. Es entzieht sich grundsätzlich unserer Machbarkeit. Wir dürfen es dankbar annehmen und bejahen – auch und gerade weil es uns schwer fällt. Denken und danken sind gute Freunde. Wenn wir z.B. den Satz „Es ist gut, dass ich da bin“ wiederholt bewusst bedenken, wird auch unser Gemüt in eine bisher unbekannte stille Freude und Dankbarkeit hineingeformt.
  2. Suche Kontakt zu „Außenstehenden“! Der hl. Augustinus hat gesagt, dass manche, die meinen in der Kirche zu sein, draußen sind und umgekehrt. Es muss uns ein großes Anliegen sein, dass wir Außenseitern, Fernstehenden, Suchenden, Heimat- und Orientierungslosen… auf Augenhöhe begegnen und von ihnen lernen wollen. Gemäß der „Intersubjektivität des Dialogs“ bedeuet dies, dass wir nicht als „Missionare“, als „Besserwisser“ und „Lehrende“ auf Menschen zugehen. Wir verzwecken sie gerade nicht zu Objekten unserer Absichten, sondern identifizieren uns besonders mit jenen, die sich draußen befinden; wir sind ganz Ohr sind für sie, für ihre Bedürfnisse und Anliegen. Vom Rande erhält die breite Mitte ihre Konturen.
  3. Bescheide dich in allem, was du tust! Im Essen, Reden, im Arbeiten… Überall ist entschlossene Bescheidenheit angesagt. Sie verhindert Überfluss, Überdruss und Langeweile. Sie lässt uns das wollen, was wir haben und verhindert, dass wir Unnützes einlagern und horten. Ein Kollege sagte mir einmal: „Der wichtigste Satz, den ich meinen Schülern weitergebe, lautet: ‚Das brauch ich nicht!‘“ In diesem Sinne werden wir in der Seele und in unseren Kellern, Büros und Schränken von allem möglichen Unrat entrümpelt. Das macht frei und wirkt beglückend auf uns.
  4. Lass los! Die meisten geistlichen Lehrer aller Zeiten sprechen unentwegt vom Loslassen unserer festgefahrenen und liebgewordenen Überzeugungen, Gewohnheiten, Machtansprüche und Ansichten. Umkehr stellt uns auf den Kopf und macht Platz für Neues. Sie macht uns offen für unsere eigenen Bedürfnisse und jene unserer Mitmenschen. Ich kann nur loslassen, wenn ich liebe, dann kralle ich mich nicht mehr an das bisschen Leben, das mir auf Erden geschenkt ist, dann vertraue ich darauf, dass sich die Welt auch ohne mich weiterdrehen wird…
  5. Komm mit deinen Liebsten ins Reine! Suche die Nähe zu deinem Vater, deiner Frau, deinen Kindern und Geschwistern und setz dich ihnen aus. Es geht primär nicht darum, dass wir Großes vollbringen oder leisten, es genügt, wenn wir einfach mal gerne ein paar absichtslose Stunden mit ihnen verstreichen lassen. Das klingt so selbstverständlich, ist es aber ganz und gar nicht. Es lohnt sich, gerade den allernächsten Menschen bewusst Zeit zu schenken, z.B. in Form eines Spaziergangs, eines Besuches, eines Anrufes, eines Ausfluges usw.
  6. Mit „nackten“ Füßen! Solange wir auch nur einen einzigen Menschen auf dieser Welt geringer einschätzen als uns selbst, sind wir sehr weit vom wahren Glück entfernt. Wenn wir aber mit „nackten“ Füßen über die Erde wandeln und uns sozusagen gut geerdet mit Bodenhaftung nach oben ausstrecken, werden wir dem Leben und den Menschen sehr nahe sein. Die Erde ist dann heiliger Boden und wir können vom hl. Adalbert lernen. Er hat nach Tomáš Halík (Geduld mit Gott, Herder 2011) als Zeichen der Demut im 10. Jahrhundert den Bischofsstuhl in Prag mit bloßen Füßen bestiegen.
  7. Lass dich finden vom verborgenen Gott! Bleib auf der Suche, kämpf dich durch die Wolke des Unsagbaren. Wer wirklich glaubt, hat und besitzt im Grunde gar nichts. Völlig wehrlos und schutzlos geht er durch die Welt. Getragen von einem Vertrauen, das auf eine unglaubliche Zukunft ausgerichtet ist, wird ihm jetzt schon Unmögliches möglich. Im übertragenen Sinne könnte man sagen: Lass dich finden wie die Bienenkönigin, die von dem Mädchen im Bienenhaus entdeckt wird, das daraufhin jubelt: matica, matica (Haderlap, Maja, Engel des Vergessens, Wallstein 2011)!
  8. 8.   Gib dich einer Sache hin, die größer ist als du! Wir Männer finden den Verborgenen vielleicht, wenn wir uns einer Sache oder Aufgabe verschreiben, die unser kleines Leben übersteigt. Alles was wir gerne und aus Leidenschaft für andere, für die Umwelt, für den Fußballvererein… tun, kommt auf uns zurück. Gerade dann, wenn es uns Männern schlecht geht, macht es Sinn unserem Leben dadurch ausdrücklich Sinn zu verleihen, dass wir uns nützlich machen. Dieses bewusste Engagement hilft uns in vielen Fällen, Ängste und Krisen positiv zu bewältigen.
  9. Lebe sorgsam und im Augenblick! Multitasking ist heute gefragt. Dabei ist der Mann gut damit beraten, das, was er gerade tut, konzentriert, ganz, behutsam und freudig zu tun. Diese Einstellung verhindert Stress und Trübsinn. Ein zen-buddhistischer Lehrer hat es so auf den Punkt gebracht: „Wenn ich sitze, dann sitze ich, wenn ich esse, dann esse ich, wenn ich gehe, dann gehe ich.“ Wir haben es wahrscheinlich schon oft gelesen und gehört, und dennoch liegt in der aufmerksamen und achtsamen Hingabe an den Augenblick unsere Rettung verborgen.
  10. Vergiss nie, wer du bist! Der ReformatorMartin Luther hat sich in schweren Tagen damit getröstet, dass er getauft ist. Und Papst Leo der Große hat es im fünften Jahrhundert so formuliert: „Christ erkenne deine Würde! Du bist der göttlichen Natur teilhaftig geworden, kehre nicht zu der alten Erbärmlichkeit zurück und lebe nicht unter deiner Würde…“ Es ist noch nicht gänzlich evident, aber wir Männer sind tatsächlich Ebenbilder Gottes, wir sind Söhne Gottes und dürfen uns dementsprechend verhalten. Das ist Aufgabe und Gabe zugleich. Wir Männer tun gut daran, uns auch Gleichgesinnten anzuschließen, die mit uns unterwegs sind, denn es ist unmöglich, alleine der Beste zu sein.

Es ist klar, dass mit den zehn Punkten nur wenige von vielen Fenstern zum Glück des Mannes geöffnet wurden. Haben wir Männer überhaupt ein Recht darauf, glücklich zu sein? Ich bin mir da nicht so sicher. Aber wir dürfen um unser Glück – auch Heil oder Seligkeit, wie es die Bibel umschreibt - ringen. Jesus spricht das Glück in den Seligpreisungen der Bergpredigt vorzüglich den Kleinen, Armen, Leidenden, den Kranken, Verfolgten und Suchenden zu. Dort (Mt 5,4) heißt es beispielsweise: „Selig, die Trauernden, denn sie werden getröstet werden.“ Der Weg zum Glück ist demnach nicht billig zu haben, sozusagen im Sonderpreis oder Dreierpack. Er plätschert auch nicht an der Platitüde des oberflächlichen Lebens dahin, sondern führt mitten durch die Abgründe und Tiefen männlicher Existenz. Wer sie erträgt und durchsteht, wer die Paradoxien des Lebens geduldig aushält, der geht den Weg des weisen Mannes. Er war dort und er weiß, dass alles, wie es ist, letztlich gut ist…

 

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